Wiesbadener Tagblatt, von Christoph Cuntz, 17.02.2017
Die jetzt publizierte Schlagzeile von Sabah, die das Engagement der beiden Landtagsabgeordneten anprangert, heißt: „Macht diesen Verrätern nicht die Türen auf“. Sabah, eine der auflagenstärksten des Landes, wird eine Nähe zur türkischen Regierungspartei AKP nachgesagt.
Die beiden Abgeordneten weisen in ihrer gemeinsamen Erklärung den „ungeheuerlichen Vorwurf des Verrates“ zurück. Die Diskreditierung derer, die sich in demokratischen Prozessen inhaltlich positionierten, sei „befremdlich und inakzeptabel“. Wer jene „bedroht, die Haltung zeigen, missachtet das Grundprinzip der Demokratie“. Die Einschüchterungen der Tageszeitung gefährdeten das friedliche Zusammenleben in Deutschland.
Die türkische Zeitung Sabah hat zwei hessische Landtagsabgeordnete als „Verräter“ bezeichnet. Gemeint sind die fraktionslose Abgeordnete Mürvet Öztürk sowie der SPD-Parlamentarier Turgut Yüksel. Sie hatten angekündigt, sich an einer Kampagne zu beteiligen, die in Hessen gegen eine Verfassungsänderung in der Türkei mobilisiert. Mit Broschüren, die auch bei Hausbesuchen verteilt werden sollen, soll über die aus Sicht der Initiatoren wahren Absichten des Referendums informiert werden.
Das Referendum findet statt am 16. April. Die „Nein“-Kampagne ist überzeugt, dass mit der vorgeschlagenen Verfassungsänderung eine Präsidialdiktatur etabliert und die Demokratie in der Türkei endgültig ausgehebelt wird.
„Nein-Kampagne“ engagiert sich gegen Verfassungsänderung
In Anspielung auf den geplanten Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten am heutigen Samstag in Oberhausen schreiben die beiden, türkeistämmige Abgeordnete hätten das Recht, sich zu positionieren, ohne deshalb als Verräter verunglimpft zu werden.
In dem Sabah-Artikel heißt es sinngemäß, Mürvet Öztürk und Turgut Yüksel sollten sich um ihre Angelegenheiten kümmern. Yüksel ist allerdings in der Türkei geboren, hat neben dem deutschen auch den türkischen Pass und zu dem Land seiner Eltern nach wie vor eine emotionale Beziehung.
Die „Nein“-Kampagne, die sich gegen eine Verfassungsänderung engagiert, sieht sich als überparteiliche Initiative aus allen Teilen Hessens. In Hessen dürfen am 16. April rund 120.000 Türken abstimmen. Sie müssen sich dazu bis zum 26. Februar über das Generalkonsulat in Frankfurt registrieren lassen.