Nachgefragt bei Mürvet Öztürk: Mordserie der rechten Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (Quelle: WNZ)

Die Mordserie der rechten Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ schockiert. Zudem zeigt sich, dass dem Verfassungsschutz wiederholt Fehler bei der Fahndung nach der Neonazi-Terrorgruppe unterlaufen sind.

Diskutiert wird nun unter anderem, den Verfassungsschutz neu zu strukturieren, eine Datensammlung über gefährliche Neonazis aufzubauen und einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot zu nehmen. Welche Konsequenzen müssen Ihrer Ansicht nach aus der Mordserie gezogen werden?

Mürvet Öztürk: Ich bin entsetzt über das Ausmaß der menschenverachtenden Gewalt, die mit rechtsextremistischen Hintergründen in Deutschland verübt wurde. Die Morde, die dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ zugeordnet werden, zeigen die Existenz rechtsterroristischer Strukturen und bedeuten eine völlig neue Dimension rechtsextremistischer Bedrohung in Deutschland, die bisher unterschätzt wurde. Diese Bedrohung muss von Staat und Gesellschaft auf allen Ebenen entschieden bekämpft werden.

Die Nazimorde sind eine Schande für unser Land. Es ist unfassbar, dass über beinahe eine Dekade hinweg eine rechtsextreme Organisation unschuldige Menschen ermorden konnte, ohne dass die Täter von den Sicherheitsbehörden gefasst worden sind. Eine rasche und transparente Aufklärung über die Hintergründe dieser Gewalttaten ist unumgänglich. Vor allem die Rolle des Hessischen Verfassungsschutzes muss genau aufgeklärt werden. Dazu haben wir am Donnerstag im Hessischen Landtag interfraktionell einen Antrag verabschiedet, wonach sich der Innenausschuss intensiv mit Hintergründen der Mordserie beschäftigen wird.

Ein Verbotsverfahren gegen die NPD als Konsequenz ist nur dann sinnvoll, wenn es Aussicht auf Erfolg hat. Im Jahr 2003 ist ein Verbotsverfahren gegen die verfassungsfeindliche NPD gescheitert, weil die Rolle der V-Männer nicht geklärt war und bevor diese Frage nicht geklärt ist, wird ein Verbotsverfahren vermutlich erneut scheitern. Vor allem ist es höchste Zeit, die Strukturen unserer Sicherheitsdienste kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls neu zu organisieren.

In Anbetracht der sensiblen Situation ist es angebracht, dass die Diskussion um die Nazi-Morde und ihre Hintergründe nicht parteipolitisch instrumentalisiert werden und keine voreiligen Antworten gegeben werden. Vielmehr muss eine intensive Debatte innerhalb der Gesellschaft über Parteigrenzen hinweg geführt werden, wie wir unsere freiheitlich-demokratische Ordnung verteidigen und aufrechterhalten können.

An dieser Stelle möchte ich der Opfer gedenken und drücke den Hinterbliebenen mein tief empfundenes Mitgefühl aus.

Welcher Termin oder welche Entscheidung ist bei Ihrer Arbeit in der kommenden Woche am wichtigsten?

Öztürk: Ich freue ich mich auf die Verleihung des hessischen Integrationspreises und auf die Veranstaltung der Grünen Jugend Kassel, bei der wir über unser Integrationskonzept diskutieren werden. Schwerpunkt dabei wird die politische Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund sein.

(Quelle: WNZ)

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