Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Privatisierung des Uni-Klinikums Gießen-Marburg gekippt hat, berät der Landtag über einen neuen Entwurf. Vor allem sollen die Beschäftigten wählen können, ob sie in den Landesdienst zurückkehren möchten. Ist die Kuh damit vom Eis oder sehen Sie Schwächen in der vorgelegten Fassung?
Mürvet Öztürk: Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Januar das bisherige Vorgehen der Landesregierung als nicht verfassungsgemäß qualifiziert hatte, war ein neuer Gesetzentwurf der Landesregierung zur Privatisierung des Uni-Klinikums Gießen-Marburg notwendig. Das Bundesverfassungsgericht hatte gerügt, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 2006 beim Wechsel zur privaten Rhön-Klinikum AG kein Widerspruchsrecht eingeräumt worden war und forderte eine Änderung bis Ende 2011. Ministerin Kühne-Hörmann ließ im März im Landtag verlautbaren, dass circa 3800 Personen davon betroffen seien, für die es einen neuen Vorschlag zu erarbeiten gelte. Der nun vorgelegte Gesetzentwurf ist jedoch kein ernst zunehmender Vorschlag. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Uni-Klinikums muss die Landesregierung endlich durchdachte Lösungen liefern statt sie immer wieder mit Formelkompromissen abzuspeisen. Formal bietet die Landesregierung ihren ehemaligen Beschäftigten zwar ein Rückkehrrecht, aber in den Details entlarvt sich der Gesetzentwurf lediglich als juristische Minimallösung statt einer echten Wiedergutmachung. Diejenigen, die Widerspruch einlegen wollen, haben keine Beschäftigungsgarantie. Sie bleiben im Ungewissen, ob sie beim Land beschäftigt werden, ob dies in der Region möglich ist und welchen Verdienst sie erhalten. Die Landesregierung scheint nicht in der Lage zu sein, für die Beschäftigten einen Plan vorzuweisen, wie eine Rückkehr möglich gemacht werden kann. Außerdem benötigen die Betroffenen eine Informationsstelle, an die sie sich wenden können, um beispielsweise zu erfahren, welcher Arbeitsplatz ihnen wo angeboten wird oder welche finanziellen Auswirkungen eine Rückkehr haben kann. Solange diese Probleme nicht beseitigt sind, wird die Landesregierung der Verantwortung ihrer Beschäftigten nicht gerecht und kommt ihrer Pflicht nicht nach. Die Landesregierung trägt ihre Fehler bei der Privatisierung auf dem Rücken der Beschäftigten aus, wenn sie das Rückkehrrecht möglichst unattraktiv gestaltet, nur um den Landeshaushalt nicht zu sehr zu belasten.
Welcher Termin oder welche Entscheidung ist bei Ihrer Arbeit in der kommenden Woche am wichtigsten?
In der kommenden Woche wird auf Initiative der Grünen im Rechts- und Integrationsausschuss über das Thema „Einführung Islamischer Religionsunterricht beziehungsweise Islamkunde“ beraten. Ich hoffe, dass wir in diesem integrationspolitisch wichtigen Thema endlich einen Schritt vorankommen. Die Flüchtlingspolitik und der Flüchtlingsschutz sind mir jedoch ein ebenso wichtiges Anliegen, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingsströme aufgrund der arabischen Umbrüche. Am Samstag werde ich am 25-jährigen Jubiläum von Pro Asyl teilnehmen.
Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung
❖ ❖ ❖