Mürvet Öztürk, fraktionslose Abgeordnete zur aktuellen Lage der Flüchtlinge: „Wir brauchen eine umgehende Verbesserung der Unterbringung von Flüchtlingen in den Erstaufnahmeeinrichtungen, um weitere Konflikte zu vermeiden. Beratung, Begleitung und soziale Einbindung der Menschen in den Zeltunterkünften dringend notwendig“.
Die Lage der Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Hessen wird immer schwieriger. Berichte über Konflikte und Schlägereien in Zeltlagern häufen sich. Die Ursachen mögen unterschiedlich sein, die Außenwirkung jedoch ist verheerend. Die Trennung der Flüchtlinge nach ethnischer oder religiöser Zu-gehörigkeit ist kein sinnvoller Vorschlag. Konflikte können innerhalb der gleichen Religionsgruppe oder ethnischen Zugehörigkeit entstehen. Die Ursache liegt vielmehr in der beengten und aussichtslosen Lage der Flüchtlinge in Zeltlagern. Eine Übergangslösung hat sich zu einem Dauerzustand entwickelt und erzeugt Lagerkoller. Wenn über tausend Personen über einen unbestimmten Zeitraum hinaus auf engstem Raum leben müssen, ohne Privatsphäre, ohne sinnvolle Beschäftigung, ohne Trauma-Behandlung, ohne Betreuung und Beratung können Konflikte entstehen. Um diesen vorzubeugen und sie zu vermeiden, brauchen die Menschen bereits in der Erstaufnahmeeinrichtung ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung und Aufklärung.
Was ist zu tun:
1) Sozial- und Wohlfahrtsverbände, Flüchtlingshelfer und kirchliche Organisationen brauchen ei-nen geordneten und begleiteten Zugang zu den Erstaufnahmeeinrichtungen, damit sie schutz-suchende Menschen in den Erstaufnahmeeinrichtungen begleiten, konflikthafte Stimmungen aufgreifen und im Vorfeld durch Mediatoren entschärfen können.
2) Eine unabhängige Verfahrensbegleitung durch Flüchtlingsverbände bereits in der Erstaufnah-meeinrichtung ist notwendig, damit die Flüchtlinge darüber informiert sind, wie der Stand ihrer Verfahren ist. Damit würde der Druck sowohl auf Seiten der Behörden, als auch der schutzsu-chenden Flüchtlinge genommen und Empathie entstehen.
3) Enge soziale Betreuung und Begleitung, niedrigschwellige Sprachkurse, Schaffung von Rück-zugsräumen in den Erstaufnahmeeinrichtungen und ihren Außenstellen ist dringend notwendig. Die Koordinierung muss durch das Land in Zusammenarbeit mit den Kommunen organisiert werden. Die Einbindung der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit in die soziale Betreuung und Be-gleitung der Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen ist unumgänglich. Ehrenamtliche Pa-tenschaften können schutzsuchende Familien und Einzelpersonen in der Erstaufnahmeeinrich-tung und ihren Außenstellen eng begleiten, soziale Teilhabe organisieren und somit die Be-schäftigung in der Freizeit sicherstellen.
4) Traumatisch belastete Flüchtlinge brauchen dringend eine professionelle Betreuung, die bereits in der Erstaufnahmeeinrichtung angeboten werden müsste. Die Einsetzung von Mediatoren in der Erstaufnahmeeinrichtung ist ein weiterer wichtiger Schritt, um das Zusammenleben auf engstem Raum in einem Zeltlager friedlich und Konfliktfrei zu organisieren.
5) Besondere Schutzräume in den Erstaufnahmeeinrichtungen für Frauen, Kinder und auch Fami-lien müssen eingerichtet werden, damit diese entsprecht ihrer Bedürfnisse versorgt werden können.
Diese Vorschläge sollte das Land umgehend mit den Akteuren in der Flüchtlingsarbeit, den Kommunen und Regierungspräsidien konkretisieren und umsetzen. Prävention ist dringend gefragt und nicht nur Repression.