Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich möchte erst einmal ausdrücklich Herrn Roth dafür danken, dass er hier eine sehr ausgewogene und ruhige Rede gehalten hat. (Ernst-Ewald Roth (SPD): Wie es seine Art ist!) Er hat das mit dem Anliegen getan, dass die Belange der Flüchtlinge, die in den nächsten Jahren vermehrt zu uns kommen werden, im Fokus stehen. Deswegen halte ich das für den angemessenen Ton, wenn man diese Thematik diskutiert. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 16. Sitzung · 26. Juni 2014 1001
Es wäre nicht angemessen, eine Diskussion hervorzurufen, die versucht, ein Liesel-Peter-Spiel auf die eine oder andere Ebene zu werfen. Das wollen wir als GRÜNE nicht. Das will auch die Koalition nicht. Von daher vertraue ich darauf, dass wir auch in Zukunft ausgewogen über dieses Thema diskutieren werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Wir sind sehr froh, dass auf Bundesebene die Innenministerkonferenz die Aufnahme weiterer 10.000 Flüchtlinge aus Syrien beschlossen hat. Wir möchten auch ausdrücklich Innenminister Beuth dafür danken, dass er das Thema Kostenübernahme angesprochen und geklärt hat, wie das denn nun ist, wenn Länder eigene Aufnahmeprogramme haben, und wie die Kostenverteilung vonstatten gehen wird. Denn das ist auch ein notwendiger Punkt, dass man auf der Bundesebene, wenn man Beschlüsse fasst, deutlich klärt, nicht die Länder und die kommunalen Ebenen bei der Kostenübernahme allein zu lassen, sondern auch die eigene Verantwortung zu tragen.
(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))
Das ist nun klar. Deswegen glaube ich jetzt, dass wir uns durchaus in der Diskussion auf die Belange der Menschen in Hessen ausrichten sollten und unseren Fokus wirklich
auf die humanitäre Frage richten sollten, wie wir mit Asylbewerbern und Flüchtlingen generell, aber auch mit Flüchtlingen speziell aus Syrien umgehen wollen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die aktuellen Zahlen des UNHCR haben auch bei uns große Sorge hervorgerufen. Auch der aktuelle Vormarsch der radikal fundamentalistischen Terrorgruppe ISIS im Irak und auch in Syrien erzeugt bei uns sehr viel Sorge. Es ist klar, dass in den Anrainerstaaten Syriens in den letzten Jahren sehr große Verantwortung übernommen worden ist. Es ist auch klar, dass in den Ländern wie der Türkei, Jordanien und Libanon die Situation der Flüchtlinge in den Lagern sehr dramatisch ist und dass wir hier als Hessen unseren Beitrag bei der Hilfe, beim Schutz und bei der Aufnahme von Flüchtlingen leisten wollen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte aber auch klarmachen, dass es auf Bundesebene bis vor kurzem einen Bundesaußenminister der FDP gab, Herrn Westerwelle, der auch auf dem Tahrirplatz war
und sich dort hat feiern lassen – so sage ich das einmal –,und nachher, als es darum ging, die Aufnahmekontingente zu erfüllen, waren die Auslandsvertretungen im besonderen Maße gefragt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))
Jetzt hat diese Aufgabe die SPD. Es ist wichtig, dass Außenminister Steinmeier in dieser Frage nach den Besuchen, die er gemacht hat, in der Bundesregierung weiter engagiert dafür kämpft, so sage ich es einmal, dass in den Auslandsvertretungen die vorhandenen Hürden abgebaut werden. Wenn Menschen Anträge stellen wollen und wenn Menschen zu ihren Angehörigen nach Hessen kommen wollen, dann müssen sie erst es schaffen, aus Syrien herauszukommen, und sie müssen es erst schaffen, in den Auslandsvertretungen der Türkei, im Irak oder im Libanon einen Antrag stellen zu können.
(Zuruf von der SPD: So ist es! – Nancy Faeser
(SPD): Macht er ja!)
Da brauchen wir also auf der Bundesebene die Unterstützung.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Auf der Landesebene haben wir unsere Aufgaben und unsere Hausaufgaben durchaus im Blick. Wir arbeiten sie auch gemeinsam ab. Ich habe nicht den Eindruck, dass in dieser Landesregierung sowohl der Innenminister oder der Sozialminister oder andere Minister sich dieser Verantwortung entziehen. Das ist überhaupt nicht der Fall. Deswegen möchte ich auch bitten: Frau Cárdenas, Sie haben das Thema angesprochen. Ich fand es nicht sehr angemessen, wie Sie versucht haben, hier den Innenminister anzugreifen. Ich glaube, dass wir in Hessen in der neuen Koalition ganz bestimmt eine andere Flüchtlings- und Asylpolitik machen werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE):
Total anders! Da lachte sogar der Innenminister!)
– Ja, davon bin ich überzeugt. Das werden wir auch umsetzen. – Ich will auch darauf hinweisen: Wenn wir ernsthaft wollen, dass die Menschen vor Ort hier in Hessen aufgenommen und untergebracht werden können, dass sie ihre Kinder in die Schule schicken können, dass sie eigene Wohnungen und einen Arbeitsplatz finden, dann stehen
wir alle gemeinsam in der Verantwortung, auch auf kommunaler Ebene, den ehrenamtlichen Helfern dabei zu helfen, die Ausländerbehörden fit zu machen, ebenso wie all die Sozialdezernenten, die wir haben, sodass sie in der Lage sind, neue Wege zu gehen. Von daher lassen Sie uns bitte diesen Weg gemeinsam gehen. Lassen Sie uns Vorschläge gemeinsam erarbeiten. Aber spielen Sie nicht das Spiel, die Bundesregierung oder die Hessische Landesregierung würde ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Das ist mitnichten so. Wenn die FDP jetzt ihr humanitäres Herz entdeckt hat, sei es so. Aber ich kann Sie auch nicht aus der Verantwortung entlassen. In der Vergangenheit haben Sie sehr geschlampt. Sie haben hier kein Geld zur Verfügung gestellt, damit die Unterbringung der Flüchtlinge an die kommunalen Träger weitergegeben worden ist. Auch der Integrationsminister hat sich um dieses Thema –
–Vizepräsidentin Heike Habermann:
Kollegin Öztürk, kommen Sie bitte zum Schluss.
Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Von daher will ich versuchen, trotzdem positiv abzuschließen. Für uns steht die humanitäre Situation der Menschen im Mittelpunkt. Wir wollen den Menschen in Hessen eine Lebensperspektive eröffnen. Wir wollen ihnen Schutz geben. Das wird diese neue Koalition gemeinsam erfolgreich machen. Wenn jetzt die Oppositionsparteien dabei helfen wollen, finde ich das sehr gut. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Das war nicht die letzte Diskussion über die Flüchtlinge.
(Ernst-Ewald Roth (SPD): Ich fürchte es!)
– Ich fürchte es.
– Aber ich bin sicher, dass das konstruktiv sein wird. So habe ich Sie verstanden, Herr Roth. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Vizepräsidentin Heike Habermann:
Danke schön.