Gesetz zur Stärkung der hessischen Kommunen und der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich geht es um die HGO und nicht irgendwelche Irrwege. Von daher wundere ich mich, welche Konstruktionen zustande kommen können. Wir debattieren heute über einen Gesetzentwurf zur

HGO, zu der DIE GRÜNEN schon im letzten Jahr einen Gesetzentwurf eingebracht haben und den einen oder anderen Passus ändern wollen. Das ist ganz normales politisches Geschäft. Heute macht es die SPD.

Sehr verehrter Herr Kollege Rudolph, ich muss zugeben: Als ich Ihren Gesetzentwurf gesehen habe, musste ich ein bisschen schmunzeln, weil der eine oder andere Absatz mich sehr an unseren damaligen Gesetzentwurf erinnert hat.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben heute fairerweise erwähnt, dass Sie auch sehr gut abschreiben können – wahrscheinlich in der Schule gelernt.

 (Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Der Gesetzentwurf ist sehr zu begrüßen. Das möchte ich hier namens meiner Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN festhalten. Ich möchte aber betonen, dass ich das als bunt gemischt empfunden habe. Es sind drei verschiedene Punkte angesprochen worden, die nur so viel Gemeinsamkeit miteinander haben, dass sie alle in der HGO geregelt werden können oder geregelt sind. Thematisch zusammenhängend sind sie nicht. Das müssen wir zugeben. Ich muss auch klar aussprechen, dass ich ein bisschen enttäuscht war, dass Sie bei den Quoren hinter den Gesetzesforderungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geblieben sind.

 (Torsten Warnecke (SPD): Alles haben wir auch nicht abgeschrieben!)

Sie haben in Ihrem Entwurf zwei Stufen vorgesehen. Wir GRÜNEN hatten eine dritte Stufe. Das hätten Sie mit abschreiben können. Dann wäre das in Ordnung gewesen.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte deswegen heute ankündigen, dass wir für die Debatte im Ausschuss auf jeden Fall einen Änderungsantrag einbringen werden.

 (Zuruf des Ministers Volker Bouffier)

– Ich kann meine Ausführungen nicht fortführen, wenn von der Regierungsbank Zwischenrufe kommen. – Ich denke, es ist ein wichtiger Vorstoß. Ich möchte dennoch daran erinnern, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch eine Absenkung der Quoren für Städte ab 100.000 Einwohnern vorgesehen hat, weil wir in der Praxis die Erfahrung gemacht haben: Je größer eine Kommune ist, umso weniger Bürgerentscheide können dort durchgeführt werden. Wir kennen alle aus der Praxis das Problem, dass Unterschriften nicht zusammengebracht werden können. Da möchten wir, wenn wir von Bürgerbeteiligung sprechen, in diesem Punkt eine Vereinfachung erzielen.

Nichtsdestotrotz finden wir Ihren Gesetzentwurf mit dem Vorschlag der Absenkung der Quoren sehr begrüßenswert und werden ihn natürlich unterstützen. Wichtig ist in einer Demokratie, in der Politikverdrossenheit wächst und die Wahlbeteiligung sinkt – das möchte ich hier festhalten –, mehr Anreize für die Bürgerbeteiligung zu schaffen.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir hatten in unserem Entwurf – das möchte ich heute auch vermerken – Themen wie die Einwohnerversammlung, Petitionsrecht und Fragestunden eingeführt. Damals war die SPD dazu sehr skeptisch. Ich gehe davon aus, dass Sie heute etwas offener sind und dass es in diesem Bereich eine Chance für Fortschritte gibt.

Beim zweiten Punkt, dem Gemeindewirtschaftsrecht, wird die Sache etwas komplizierter. Deswegen möchte ich diesen Punkt wegen der Kürze der Redezeit hier ausnehmen und im Ausschuss in die Debatte einsteigen.

Ich möchte kurz auf den dritten Punkt, Seniorenbeiräte, eingehen. Sie haben Seniorenbeiräte gefordert. Das ist begrüßenswert, das haben wir GRÜNE auch immer unterstützt. Wenn es darum geht, älteren Menschen eine Beteiligungsmöglichkeit zu geben, vor allem wenn es um die Diskussion des demografischen Wandels geht, sind wir mit Ihnen d’accord. Das finden wir vorteilhaft und begrüßenswert.

Ich möchte hier aber kurz einen Knackpunkt erwähnen, und zwar geht es darum, dass Sie in Ihrem Entwurf die in den Kommunen lebenden Migrantinnen und Migranten vom aktiven und passiven Wahlrecht für die Seniorenbeiräte ausgenommen haben. Hier möchte ich ein kurzes Beispiel aufzeigen. In der Stadt Frankfurt sind wir einen Schritt weiter. Dort können beispielsweise alle Einwohnerinnen und Einwohner ab dem 60. Lebensjahr zum Seniorenbeirat zwar nicht direkt gewählt werden, aber von den Ortsbeiräten vorgeschlagen werden. Wir sind der Meinung, dass Sie hier ein bisschen zurückgeblieben sind. Ich denke aber, dass Sie ein offenes Ohr haben.

 (Torsten Warnecke (SPD): Wir sind nicht zurückgeblieben!)

– Zurückgeblieben in Ihrem Vorschlag, so meinte ich das natürlich. Nicht, dass mir hier irgendetwas unterstellt wird.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich sehe, dass Sie ein offenes Ohr signalisiert haben und dass wir gemeinsam der Meinung sind: Die HGO sollte nicht als ein Abwehrrecht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern betrachtet werden, im Gegenteil. Wir sollten schauen, dass wir die Hürden abbauen, um mehr Bürgerbeteiligung zu erreichen. In dem Sinne bedanke ich mich für den Entwurf und freue mich auf die Auseinandersetzungen im Ausschuss. – Herzlichen Dank.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Kollegin Öztürk.

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