„Flüchtlingsdeal mit Erdoğan nicht nur unmoralisch, sondern auch wenig zielführend“

Ali Atalan BesuchPresseerklärung, 15. März 2016

Am Dienstag, den 15.03. besuchte der Parlamentsabgeordnete aus der Türkei Ali Atalan, aus der Fraktion der Demokratischen Partei der Völker (HDP), den Hessischen Landtag und berichtete über die derzeitige politische Situation in der Türkei und die zunehmenden Auseinandersetzungen in den kurdischen Siedlungsgebieten. „Erdoğan versucht in der Türkei ein totalitäres System zu errichten und die Gesellschaft zu homogenisieren“, erklärt der HDP-Abgeordnete. Aus diesem Grund führe das Regime derzeit Kollektivbestrafungen gegen die kurdische Bevölkerung durch, die sich bei den Wahlen hinter die HDP gestellt hätten. „Nach den Kurden wird sich Erdoğan auch anderen politischen Oppositionellen und Andersdenkenden widmen“, so Atalan.

Für einen Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der AKP-Regierung hat der HDP-Abgeordnete wenig Verständnis. Immerhin sei das Regime Erdoğan mit seiner Unterstützung für dschihadistische Gruppierungen in Syrien und dem Kampf gegen die Kurden im eigenen Land einer der Hauptverantwortlichen für die derzeitigen Flüchtlingsbewegungen. Während der türkische Staatspräsident die Flüchtlingsfrage instrumentalisiere, um die EU zu erpressen, seien gleichzeitig bestimmte türkische Flüchtlingscamps wie in der Stadt Nusaybin – dem Wahlbezirk Atalans – geräumt worden. „Das türkische Militär benutzt diese Lager, einschließlich der darin befindlichen Ausstattung des UNHCR, als Militärlager, aus dem sie die Bevölkerung der Stadt Nusaybin belagern und angreifen“, berichtet der Abgeordnete der HDP.

Auch gegen die Pläne einer Pufferzone im Norden Syriens hat Atalan deutliche Einwände: „Die Zone soll dazu dienen, einen möglichen Zusammenschluss der Kantone von Rojava zu unterbinden. Außerdem möchte die Türkei von diesem Gebiet aus weiterhin in Syrien politisch agieren. Ich hoffe sehr, dass der Westen hier den Plänen Erdoğans nicht auf dem Leim geht.“

Auch Mürvet Öztürk, Abgeordnete des Hessischen Landtags, warnt vor einem Deal der Europäischen Union mit der Türkei in der Flüchtlingsfrage, der auf Kosten der Menschenrechte geht. „Der kürzlich beschlossene Deal zwischen der EU und der Türkei ist nicht nur unmoralisch, sondern auch wenig zielführend. Das machen die gegenwärtigen Bilder von Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze deutlich“, so Öztürk.

Zu den Ausführungen des HDP-Abgeordneten Ali Atalan erklärt Öztürk: „Der Bericht von Herrn Atalan macht nochmal deutlich, auf wessen Kosten Vereinbarungen mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdoğan geht, der auf dem zur Durchsetzung seines Präsidialsystem elementare Menschenrechte, die Pressefreiheit und die Justiz nicht achtet.“

Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im Lande ist es laut Öztürk von großer Bedeutung, dass die HDP weiter an ihrem Türkei-Projekt festhält und sich als Partei der gesamten Türkei etabliert. Mürvet Öztürk bereiste jüngst selbst die Türkei, um sich ein Bild über die Lage vor Ort zu verschaffen.