Erklärung zum Vorwurf des Verrats durch die türkische Tageszeitung Sabah

Erklärung von Mürvet Öztürk und Turgut Yüksel zum Vorwurf des Verrats von Seiten der türkischen Tageszeitung Sabah mit der Schlagzeile „Macht diesen Verrätern die Türen nicht auf!“, 17.02.2017

Wir, Mürvet Öztürk und Turgut Yüksel weisen den ungeheuerlichen Vorwurf des Verrats, der durch die türkische Tageszeitung Sabah am 16. Februar 2017 erhoben wurde, entschieden zurück. Auch in der Online-Ausgabe der Zeitung  wurde in einem Artikel behauptet, wir seien durch unsere Beteiligung an der hessischen NEIN-Kampagne zur geplanten Verfassungsänderung in der Türkei Verräter und man solle uns an der Haustür zurückweisen.

Befremdlich und inakzeptabel ist diese Art der Diskreditierung derer, die sich in dem eigentlich demokratischen Prozess eines Referendums inhaltlich positionieren und für ein NEIN werben.

Das Volk wird genau aus diesem Grund befragt, weil unterschiedliche Meinungen vorhanden sind und damit im Rahmen einer demokratischen Wahl die Menschen sich auch für ein NEIN entscheiden können. Wer nun jene bedroht und zur Zielscheibe erklärt, die Haltung zeigen, missachtet das Grundprinzip der Demokratie.

Auch wir verfolgen die Entwicklung in der Türkei intensiv und mit großer Sorge um die Zukunft der Türkei, sollten die geplanten Verfassungsänderungen eine Mehrheit erhalten. Deshalb haben wir uns in dieser Initiative mit türkeistämmigen Bürgerinnen und Bürgern – unabhängig davon, ob sie wahlberechtigt sind oder nicht – zusammengeschlossen. Die NEIN-Kampagne-Hessen soll informieren, aufklären und Bürgerinnen und Bürger ermutigen, sich ohne Angst sowie Kriminalisierung an der Abstimmung zu beteiligen und mit NEIN abzustimmen.

Die Einschüchterungen der Tageszeitung Sabah mit ihrer aggressiven Ansprache gefährdet das friedliche Zusammenleben in Deutschland, statt Brücken zu bauen und integrativ zwischen den Menschen mit unterschiedlichen politischen Positionen in Deutschland zu vermitteln.

Wenn der Ministerpräsident der Türkei in Deutschland eine Kundgebung für ein „Ja“ im Referendum ankündigt, dürften insbesondere die türkeistämmigen Abgeordneten aus Deutschland das Recht haben, ihre Haltung zu zeigen, ohne als Verräter verunglimpft zu werden.

Unsere Meinungsfreiheit wird durch unser Abgeordnetenmandat in Deutschland nicht etwa eingeschränkt, sondern ist Kernelement einer freien demokratischen Gesellschaft. Unsere Einstellung zur Demokratie und Freiheit endet nicht an der deutschen oder europäischen Grenze.

Deshalb appellieren wir an alle wahlberechtigen Bürgerinnen und Bürger der Republik Türkei, Ruhe zu bewahren, sich nicht provozieren zu lassen und friedlich ihre Meinung zu äußern – unabhängig davon, wie sie im Referendum abstimmen möchten.

(Kommentiert wurde der Artikel „Macht diesen Verrätern die Türen nicht auf“ unter http://www.sabah.de/gundem/2017/02/16/bu-hainlere-kapiyi-acmayin)