Datenklau bekämpfen, Bürgerechte schützen, Datenschutz voran bringen

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach den hitzigen Debatten heute Morgen, die unterschiedliche Ansichten und unterschiedliche emotionale Inhalte hatten, möchte ich gerne auf ein Thema zurückkommen, das uns in Hessen direkt auch als hessische

Bürgerinnen und Bürger und als hessisches Parlament betrifft, bei dem wir handeln können und unsere Ansätze positionieren können. Wir GRÜNEN haben heute das Thema „Datenklau bekämpfen, Bürgerrechte schützen und Datenschutz voranbringen“ zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Bisher haben wir in unseren Debatten immer den öffentlichen Datenschutz thematisiert. Das ist klar; denn das ist unser Bereich. Aufgrund der jüngsten Berichte haben wir festgestellt, dass nicht nur der öffentliche Bereich zu Datenmissbrauch neigen kann, sondern dass auch im privaten Bereich sehr vieles im Argen liegt. Das möchten wir hier thematisieren.

Ich möchte ein paar Beispiele nennen, wie durch die jüngsten Medienberichte klar geworden ist, dass im privaten Bereich die Daten nicht so geschützt werden, wie Bürgerinnen und Bürger es sich gerne wünschen. Beispielsweise lässt ein Unternehmen wie Lidl die Mitarbeiter auf dem stillen Örtchen überwachen. Die Telekom lässt die Kundenverbindungsdaten von externen Firmen auswerten. Im Internet sind private Daten zu kaufen. Es heißt, dass beispielsweise Krankenkassen sensible Daten ihrer Mitglieder an privatwirtschaftlich orientierte Gesundheitsunternehmen herausgeben, und, und, und.

Das sind die jüngsten Beispiele, mit denen wir konfrontiert worden sind und die wir bestimmt als sehr erschreckend wahrgenommen haben. Wir als GRÜNE denken, dass hier besser kontrolliert werden muss. Hier müssen gesetzliche Weiterentwicklungen stattfinden, damit wir überhaupt mit der rasanten technischen Entwicklung mitgehen und die Bürgerinnen und Bürger schützen können.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb möchte ich auch ausdrücklich die Debatte begrüßen, die zurzeit auf Bundesebene läuft. Denn hier zeigt sich, dass die Parteien alle den Handlungsbedarf erkannt haben. Die Frage ist, ob sie nun auch handeln werden. Wir hoffen das. Wir möchten hier darauf hinweisen, dass die Bundestagsfraktion der GRÜNEN ein Fachgespräch für den 1. Oktober angesetzt hat, weil sie dort alle Facetten des Themas diskutieren möchte. Das Ziel ist, die Überarbeitung des Datenschutzgesetzes zu befördern und insbesondere auch den Schutz vor zunehmend bedrohlicher privater Datensammlung auszubauen.

Ich möchte mich jetzt der hessischen Ebene zuwenden. Denn es ist natürlich die Frage wichtig, was wir hier in Hessen besser machen können, wenn es um Datenschutz geht. Wir werden heute am Nachmittag den Datenschutzbeauftragten Herrn Ronellenfitsch wählen. In diesem Zusammenhang gab es vorher schon den Antrag der FDP-Fraktion, das Datenschutzzentrum für privaten und öffentlichen Bereich zusammenzulegen und ein unabhängiges Datenschutzzentrum zu installieren. Wir begrüßen dieses Vorgehen und möchten auch hier ein Beispiel nennen, warum das wichtig ist.

Die Kontrollzuständigkeit des Hessischen Datenschutzbeauftragten erstreckt sich zurzeit, wie wir wissen, auf den öffentlichen Bereich. Damit ist aber nicht nur die klassische Hoheit der Eingriffsverwaltung gemeint, sondern auch der Bereich der Leistungsverwaltung. Herr Ronellenfitsch hat hier einmal ein gutes Beispiel gebracht, was ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Unser Flughafen hat die Funktion, den Gemeingebrauch des Luftraums zu ermöglichen. Das ist also eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Daran ändert sich nichts, auch wenn die Fraport AG privatrechtlich organisiert ist und als Unternehmen am Wettbewerb teilnimmt. Wir sehen aber, dass bei der Fraport AG, weil sie die Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt, die Datenschutzkontrolle in den öffentlichen Bereich, also in den Bereich des Herrn Ronellenschutz fällt – –

 (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Herr Ronellenschutz ist Herr Ronellenfitsch.

 (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Bereich hat Herr Ronellenfitsch mehrmals darauf hingewiesen, dass er beispielsweise zwar den Datenschutz des Flughafens beaufsichtigen kann, er aber bei einer privaten Organisation wie beispielsweise McDonald’s am Flughafen nicht zuständig ist.

Hier sehen wir, dass im Bereich des öffentlichen Datenschutzes unnötige Abgrenzungen stattfinden. Wir sind der Meinung, dass, wenn der öffentliche und private Datenschutz zusammengeführt würde, würden sinnvolle Synergieeffekte erzielt werden.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen damit auch den privaten Datenschutz stärken. Es ist wichtig, dass in einem unabhängigen Zentrum verschiedene Funktionen wahrgenommen werden und dass ein unabhängiges Datenschutzzentrum auch als Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger dienen kann. Es muss als Zentrum dafür da sein, dass die Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger vorangetrieben wird. Hier sollten in kompetenter Weise verschiedene Bereich gebündelt werden. Nur auf diese Art und Weise können wir in dieser sensiblen Debatte wie beispielsweise in Schleswig-Holstein vorankommen. Wir müssen die Gesetze weiterentwickeln. Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger anders informieren und aufklären. Anders ist das hier in der aktuellen Situation nicht machbar.

Daher begrüßen wir den Antrag der FDP, haben auch vorher schon unsere Zustimmung angesagt und möchten hier aber noch einmal darauf hinweisen, dass, wenn wir über Datenschutz sprechen, es nicht nur um informationelle Eingriffe geht, sondern auch um den Datenzugangsschutz. Wir als GRÜNE haben mehrmals schon darauf hingewiesen, dass wir ein neues Informationsfreiheitsgesetz brauchen. Wir als GRÜNE werden auch versuchen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen und einen Entwurf einbringen. Wir hoffen, dass auch hier die Unterstützung der anderen Fraktionen kommen wird, weil der Hessische Datenschutzbeauftragte andererseits auch zum Informationsfreiheitsbeauftragten werden müsste. Nur in dieser geballten Funktion werden wir der aktuellen sensiblen Situation gerecht werden können. Es muss ein Datenschutzzentrum geben, in dem der Datenschutzbeauftragte hauptberuflich tätig und aktiv sein kann. Von daher begrüßen wir den Antrag der FDP. Wir möchten hier endlich handeln und ein unabhängiges Zentrum so schnell wie möglich eingerichtet wissen. – Danke schön.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Dieter Posch:

Herzlichen Dank.

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